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Gleitlager aus Kohlenstoff

Gleitlager aus Graphit und Kohlenstoffwerkstoffen

Aufgrund ihrer hervorragenden Eigenschaften werden Kohlenstoff- und Graphitwerkstoffe als Gleitlager in einer Vielzahl von Anwendungen eingesetzt, beispielsweise im Hoch- und Tieftemperaturbereich, in der chemischen und petrochemischen Industrie, im Lebensmittel-, Pharmazie- und Kosmetikbereich, in der modernen Automobiltechnik sowie in der Reaktortechnik.

 

Eigenschaften

Kohlenstoff- und Graphitwerkstoffe zeichnen sich durch folgende charakteristische Eigenschaften aus:

  • ausgezeichnete Gleit- und Trockenlaufeigenschaften
  • geringer Reibungskoeffizient
  • sehr gute chemische Beständigkeit (säurebeständig)
  • sehr gute elektrische Leitfähigkeit
  • hohe Wärmeleitfähigkeit
  • ausgezeichnetes Thermoschockverhalten
  • hervorragende Formbeständigkeit
  • hohe Ermüdungsfestigkeit

 

 

Lagergestaltung

Massgebend für Radial- und Bundlager aus Kohlenstoffwerkstoffen ist DIN 1850 Blatt 4 "Buchsen aus Kunstkohle".

Zylinderbuchsen
Lagerlänge: b = d1  bis d2   (max. 2x d2

Wandstärke: s = 0,1 bis 0,2 x d1 (min. 3 mm)

Bund- oder Flanschbuchsen
Lagerlänge: b = d1  bis d2   (max. 2x d2
Wandstärke: s = 0,1 bis 0,2 x d1 (min. 3mm)

Flanschdicke, Flanschüberstand radial, max. 0,5 Wandstärke

Bei Bundlagern gelten für die Bundstärke etwa dieselben Angaben wie für die Wandstärke. Bei eingeschrumpften Bundlagern sind allerdings besondere Vorschriften für die Bundgestaltung zu beachten. Bei Radial- und Axiallagern für Trockenlauf werden keine Schmiernuten vorgesehen. Dies gilt überwiegend auch für Kohleradiallager im Nasslauf, obwohl diese ebenso mit Spiral- oder Längsnuten in der Bohrung ausgeführt sein können. Flüssigkeitsgeschmierte Kohleaxiallager (Bundlager) hingegen sollten mit Stirnnuten versehen werden.
 

Einbau und Toleranzen

Beim Einbau von Kohlelagern sind der niedrige Wärmeausdehnungskoeffizient von Kohlenstoff- und Graphitwerkstoffen gegenüber Metallen, die eine geringere Festigkeit aufweisen, sowie die Sprödigkeit dieser Werkstoffe zu beachten. Kohlelager sollten deshalb möglichst nicht freitragend eingebaut werden. Wegen der relativ geringen Wärmeausdehnung von Kohlenstoffwerkstoffen gewährleisten die bei Metallen üblichen Press- und Schrumpfsitze einen festen Sitz des Kohlelagers nur bis zu entsprechend niedrigen Temperaturen.
 

Kalteinpressen

Ein Kaltpress-Sitz der Kohlelager in Stahlfassungen entsprechend H7/s6 ist daher nur bis zu maximalen Lagertemperaturen von etwa 120 bis 150°C anwendbar. Bei Gehäusen bzw. Fassungen aus Materialien mit grösserem Wärmeausdehnungskoeffizienten als demjenigen von Stahl liegt die maximal zulässige Temperatur entsprechend niedriger.

Toleranzen beim Kalteinpressen:
Aufnahmebohrung:  H7
Innendurchmesser:  F7 bis E7
Aussendurchmesser:  s6
Lagerbohrung nach dem Einpressen:  H7 bis F8
Einpressen mittels Einpressdorn:  h5

Eine noch grössere Durchmesserüberschneidung als entsprechend H7/s6 ist für das Kalteinpressen von Kohlelagern wegen der Gefahr des Abscherens nicht zu empfehlen. Ausgenommen sind Gehäuse oder Fassungen aus Kunststoff. Beim Kalteinpressen der Kohlelager muss besonders sorgfältig darauf geachtet werden, die Lager nicht zu verkanten, da es sonst, hauptsächlich bei dünnwandigen Lagern, zum Bruch kommen kann.

Beim Kalteinpressen verengt sich die Kohlelagerbohrung je nach Werkstoff, Wandstärkenverhältnis und Toleranzpaarung um etwa 70 bis 85 % des Einpressübermasses.

Einschrumpfen

Das Einschrumpfen direkt in die Gehäuse ist die beste Befestigungsart für Kohlelager bei Lagertemperaturen über 120 bis 150 °C. Beim Einschrumpfen sollen sich die kalten Kohlelager in die erwärmten Gehäuse leicht einführen lassen. Die Gehäuse sind dafür auf Temperaturen zu erhitzen, welche ca. 100 bis 150 °C über der maximal zu erwartenden Betriebstemperatur liegen. Das Einschrumpfübermass ist entsprechend der unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten zu wählen.

Toleranzen beim Einschrumpfen:
Aufnahmebohrung:  H7
Innendurchmesser:  D8

Für Einschrumpftemperaturen bis 350°C
Aussendurchmesser:  x8 - z8

Für Einschrumpftemperaturen bis 650°C
Aussendurchmesser:  za8 - zb8

Lagerbohrung nach dem Einschrumpfen:  H9
(für genaue Toleranzeinhaltung wird im Anschluss an das
Einschrumpfen ein Nacharbeiten auf Mass empfohlen)

Beim Einschrumpfen verengt sich die Kohlelagerbohrung, und
zumindest dünnwandige Gehäuse werden geringfügig aufgeweitet. Bei den vorher genannten Schrumpfsitzen H7/x8 und H7/z8 ist je nach Durchmesser und Wandstärkenverhältnis mit einer Bohrungsverengung um etwa 3 bis 6 Toleranzfelder oder um ca. 80 bis 100% des Einschrumpfübermasses zu rechnen. Genaue Angaben über die Bohrungsverengung der Kohlelager sind nicht möglich. Zur Einhaltung genauer Toleranzen ist stets eine Nachbearbeitung der Lagerbohrung erforderlich.

 

Lagerspiel

Bei der Festlegung des Lagerspiels muss der im Verhältnis zu den meisten Wellenmaterialien niedrige Wärmeausdehnungskoeffizient von Kohlenstoffwerkstoffen berücksichtigt werden. Dadurch können bei höheren Betriebstemperaturen erhebliche Unterschiede zwischen dem Kaltspiel und dem Lagerspiel bei Betriebstemperatur auftreten. Bei sehr eng gewähltem Kaltspiel kann es sogar zum Festsitzen der Wellen kommen.

Trockenlauf
0,3 bis 0,5% des Wellendurchmessers (bei Betriebstemperatur)

Nasslauf
0,1 bis 0,3% des Wellendurchmessers (bei Betriebstemperatur)

Das Kaltspiel ergibt sich aus dem oben genannten Wert des Lagerspiels zuzüglich der Differenz in der Ausdehnung bei Betriebstemperatur von Kohlelager und Welle. Im Falle eingeschrumpfter Kohlelager, die unter Vorspannung stehen und sich bei Erwärmung etwa entsprechend dem Wärmeausdehnungskoeffizienten des Gehäusematerials ausdehnen, ist die Differenz in der Ausdehnung zur Ermittlung des Kaltspiels nicht zu berücksichtigen. Bei Kohlelagern ist eine engere Bohrungstoleranz als IT8/IT7 allgemein nicht notwendig, da das Lagerspiel stets grösser gewählt werden muss als bei ölgeschmierten, metallischen Gleitlagern.

 

Welle und Gegenlaufpartner

Sehr gute Laufergebnisse werden bei einer Rautiefe der Gegenlauffläche von Ra <1µm erzielt. Höhere Rautiefen der Gegenlauffläche bewirken erhöhten Einlaufverschleiss während der Einlaufphase (bis Ra 2 µm).

Zu empfehlen sind feinstgeschliffene und für hohe Beanspruchungen superfinishte Wellen. Gezogene Wellen sind nur bei sehr niedrigen Gleitgeschwindigkeiten und Belastungen zulässig (geschlichtete Wellen sind ungeeignet).

Bei geringen und mittleren Belastungen härtere, rostfreie Stahlsorten ohne Nickel. Sehr gut bewährt haben sich auch bei höheren Belastungen gehärtete Chromstähle (13 bis 17 % Cr). Die bessere Eignung harter Gegenlaufmaterialien hat ihre Ursache unter anderem darin, dass die Ausbildung des Übertragungsfilms von Graphit auf den Gegenlaufwerkstoff mit steigender Härte des Gegenlaufwerkstoffes erleichtert wird (ideale Härte HRC >40).
 

Gut geeignet

  • Chromstahl
  • nitrierter Stahl
  • hartverchromter Stahl
  • unlegierter Stahl
  • Hartmetall
  • Siliziumkarbid
  • Sinterkeramik Al2O3 (nur bei Nasslauf)
  • Chromoxid (plasmabeschichtet)

Nicht geeignet

  • Chromnickelstahl
  • Aluminium und Aluminiumlegierungen (auch eloxiert)
  • Buntmetalle wie Bronze oder Messing
  • austenitisches Gusseisen

 

Eigenschaften von Kohlenstoff-Graphit

Kohlenstoff-Gleitmaterial verfügt über eine herausragende Selbstschmierung, Wärmebeständigkeit und chemische Beständigkeit. Daher können sie in Atmosphären mit hohen Temperaturen eingesetzt werden, in denen Gleitmaterial auf Metall versagt, und für Aufgaben, für die Flüssigkeiten und Schmiermittel ungeeignet sind. Verschiedene Harz- oder Metallimprägnierungen können vorgenommen werden um die entsprechenden Eigenschaften zu erzielen.

Graphit eignet sich besonders für Hochtemperaturanwendungen im Vakuum oder in Schutzgasatmosphären auf Grund seiner chemischen, physikalischen und thermischen Eigenschaften. Es stehen Ihnen bei uns eine grosse Anzahl von Werkstoffen mit den jeweils speziellen für Ihre Anwendung massgeschneiderten Eigenschaften zur Verfügung. Da Graphit in grossen Blöcken erhältlich ist, sind nahezu alle Form- und Gestaltungsmöglichkeiten realisierbar. 

Hier finden Sie einen Auszug der gängigsten Werkstoffe. Die Wahl des Werkstoffes hängt hauptsächlich von der Art und Weise der späteren Anwendung und den Belastungen ab. Ist Ihr Werkstoff nicht dabei? Dann kontaktieren Sie uns, wir finden für Sie die optimale Lösung.
 

Werkstoff
 
Dichte
 
Härte
 
Biege-
festigkeit
Druck-
festigkeit
E-Modul
 
Wärmeausdehnungs-
koeffizient CTE
 
Wärmeleit-
fähigkeit
Elektrographit ETT (I3) 1.85 g/cm3 60 Shore D 49 N/mm2 103 /mm2 11.8 kN//mm2 5 10-6/K
(350 - 450 °C)
130 W/m*K
Elektrographit ETT (I8) 1.78 g/cm3 63 Shore D 52 N/mm2 106 /mm2 10.1 kN//mm2 5.6 10-6/K
(350 - 450 °C)
90 W/m*K
Graphit ISO-63 1.78 g/cm3 76 Shore D 65 N/mm2 135 /mm2 12 kN//mm2 5.6 10-6/K
(350 - 450 °C)
70 W/m*K
Graphit IG-11 1.77 g/cm3 51 Shore D 39 N/mm2 78 /mm2 9.8 kN//mm2 4.5 10-6/K
(350 - 450 °C)
120 W/m*K
Kohlenstoff KC-6709 2.30 g/cm3 88 Shore D 90 N/mm2 300 N/mm2 27 kN//mm2 5.0 10-6/K
(100 - 200 °C)
13 W/m*K
Kohlenstoff KC-67 1.77 g/cm3 70 Shore D 60 N/mm2 185 N/mm2 20 kN//mm2 3.5 10-6/K
(100 - 200 °C)
10 W/m*K
Kohlenstoff KC-673 1.87 g/cm3 87 Shore D 78 N/mm2 245 N/mm2 22 kN//mm2 5.5 10-6/K
(100 - 200 °C)
10 W/m*K

 

HINWEIS
Kunstkohle; Sorte nach Vereinbarung oder nach Wahl des Hersteller (abhängig von der Anwendung). Kunstkohle ist ein poröser keramischer Werkstoff, bei dem die Oberflächengüte wegen der unterschiedlichen Korngrösse und Porosität nicht definiert werden kann.

Verfügbarkeit

Sämtliche Gleitlager aus Graphit und Kohlenstoff werden auftragsbezogen hergestellt, keine Lagerhaltung. Es können Mindestabnahmemenge anfallen abhängig vom Werkstoff, Ausführung, Grösse, etc.


Lieferformen

Zylinderbuchsen, Flansch- oder Bundbuchsen, Sonderteile mit oder ohne Stahlfassung

 

Lieferformen und Sonderabmessungen

Wir liefern nach Ihren Angaben oder Zeichnungen sowie DIN- und ISO-Normen.

 

Zylinderbuchsen oder Bundbuchsen nach DIN 1850-4

DIN 1850-4 Form M (Zylinderbuchsen) und Form N (Bundbuchsen) oder nach Ihren Angaben sowie Zeichnungen (auf Anfrage auch mit Stahlfassung erhältlich). Nicht bemasste Kanten etwa unter 45° abgeschrägt; nach Wahl des Herstellers. Die Buchsen sind allseitig bearbeitet.
 

Form M (Zylinderbuchsen)

Form N (Bundbuchsen)


Nennmasse

Abmessungen nach DIN 1850-4 oder nach Ihrer Zeichnung (auftragsbezogene Fertigung, keine Lagerhaltung). 

Bezeichnung einer Kunstkohle-Zylinderbuchse Form M von d1 = 18 mm Innendurchmesser, mit ISO-Toleranzfeld D8, d2 = 24 mm Aussendurchmesser mit ISO-Toleranzfeld z8 und b1 = 18 mm Breite:  Buchse DIN 1850-4  Form M  18D8 / 24z8 × 18

d1 d2 d3 b1 b1 b1 b1 b2 f
max.
r
max.
3 9 12 3 4 - - 2 0.2 0.2
4 10 13 4 6 - - 2 0.2 0.2
5 11 14 4 6 - - 3 0.2 0.2
6 12 16 4 6 - - 3 0.2 0.2
8 14 18 6 8 - - 3 0.3 0.3
10 16 20 6 10 - - 3 0.3 0.3
12 18 22 8 12 - - 4 0.3 0.3
14 20 25 10 14 - - 4 0.3 0.3
15 21 26 10 16 - - 5 0.4 0.4
16 22 28 10 16 - - 5 0.4 0.4
18 24 30 12 18 - - 5 0.4 0.4
20 26 32 12 16 20 - 5 0.4 0.4
22 28 34 12 16 22 - 5 0.4 0.4
24 * 30 36 14 20 25 - 5 0.4 0.4
25 32 38 14 20 25 - 6 0.6 0.6
27 * 34 40 12 16 22 28 6 0.6 0.6
28 36 42 12 16 22 28 6 0.6 0.6
30 38 44 12 18 25 32 6 0.6 0.6
32 40 46 14 18 25 32 6 0.6 0.6
33 * 42 48 16 20 25 32 6 0.6 0.6
35 44 50 16 22 28 36 6 0.6 0.6
36 * 45 52 16 22 28 36 6 0.6 0.6
38 48 55 16 25 32 40 6 0.6 0.6
40 50 58 16 25 32 40 6 0.6 0.6
42 52 60 18 25 36 45 7 0.8 0.8
45 55 63 18 25 36 45 7 0.8 0.8
48 58 66 20 28 40 50 7 0.8 0.8
50 60 68 20 28 40 50 7 0.8 0.8
55 66 74 25 36 45 56 7 0.8 0.8
60 75 83 25 36 50 63 7 0.8 0.8
65 80 88 25 40 50 63 7 0.8 0.8
70 85 95 28 40 56 70 8 1 1
75 95 105 32 45 63 80 8 1 1
80 100 110 32 50 63 80 8 1 1
85 105 115 36 50 70 90 10 1 1
90 110 120 36 56 70 90 10 1 1
95 115 125 40 56 80 100 10 1 1
100 120 130 40 63 80 100 10 1 1

* nur für besondere Anwendungsfälle, sind möglichst zu vermeiden

Aufgrund dieser Eigenschaften werden Kohlenstoff- und Graphitwerkstoffe als Gleitlager in einer Vielzahl von Anwendungen eingesetzt:

  • Chemie-, Brauchwasser- und Heizungsumwälzpumpen
  • Lebensmittel- und  Pharmaindustrie
  • Hoch- und Tieftemperaturanwendungen
  • Hochgeschwindigkeitsspindeln
  • Galvanische Anlagen
  • Färbereianlagen
  • Heizventilatoren
  • usw.